Hegel Kongress 2024

Die Idee des Guten und der Sittlichkeit in Philosophie Hegels

Auf den ersten Blick mag es erscheinen, als ginge es hier lediglich um ethische und moralische Fragen. Doch aufgrund des spekulativen Charakters der Hegelschen Philosophie geht es tatsächlich um mehr, und zwar um die Interpretation des menschlichen Wesens - der Freiheit - und den Ort ihrer Verwirklichung, den Staat und die bürgerliche Gesellschaft. Hegels philosophische Methode setzt voraus, dass der Staat auf Subjektivität beruht und die Existenz entsprechender staatlicher Institutionen in dem Maße garantiert, wie diese ihrerseits die Ausübung eines freien Selbstbewusstseins gewährleisten.

Die Selbstverwirklichung des Subjekts besteht darin, das Allgemeine mit dem Besonderen zu vermitteln und damit die Trennung von Subjekt und Objekt zu überwinden. Die Form solcher Verwirklichung ist die Idee des Guten, d.h. ein verwirklichter, vollendeter Begriff. Die Idee des Guten soll die in der objektiven Realität offengelegten einseitigen Bestimmungen negieren, die Stufen des abstrakten Rechts und der Moralität in der Phänomenologie des Freiheitsbewusstseins zur Sittlichkeit erheben. Die Sittlichkeit ist die Idee der verwirklichten Freiheit, des Guten. Die Idee des Guten verwirklicht sich im reflektierten Willen und in der objektiven Welt. Die Substanz der Freiheit stellt sich also als ein subjektiver Wille dar, der sich in der Form der Wirklichkeit und der Notwendigkeit manifestiert.

Der systematische Ort des objektiven Geistes, die Sphäre des Rechts, in Hegels Philosophie ist nur im Zusammenhang mit dem Begriff der Sittlichkeit zu erfassen. In §142 der Rechtsphilosophie lesen wir: "Sittlichkeit ist die Idee der Freiheit". In Hegels Darstellung kulminiert die Philosophie des Rechts insgesamt in der Sittlichkeit. Sie enthält nach dem Prinzip der Permutation nicht nur die beiden vorangegangenen Stufen, das abstrakte Recht und die Moralität, sondern auch die Grundlage und Voraussetzung ihres voll verwirklichten Werts. Darin unterscheidet sich Hegels spekulative Dialektik von anderen dialektischen Systemen, denn sie verwirft nicht die voraausgegangenen Schritte und Widersprüche, als seien diese schlicht überholt und somit nutzlos geworden, sondern sie zeigt wie deren Einheit erst die Produktivität des Handelns und Denkens, d.h. die Authentizität schafft.

Die Idee des Guten bestimmt die Wirklichkeit des Rechts und dessen geistiges Wesen oder, wie Hegel selbst sagt, sie bestimmt die Wirklichkeit des Staates. Die Thematisierung der Idee des Guten in der Rechtsphilosophie zeigt also, dass die Rechtsphilosophie, wie alle anderen Glieder des Hegelschen Systems, einerseits systematisch von Hegels spekulativer Logik bestimmt ist, andererseits aber zugleich selbst einen konstitutiven Bestandteil der Logik bildet.

Von daher versteht sich das Kongressthema in einem die Hegelsche Philosophie und ihre Aktualität umfassenden Sinn. Willkommen sind neben Beträgen, welche die Sektionsschwerpunkte im Brennpunkt der Rechtsphilosophie thematisieren, explizit auch solche, die einschlägige Aspekte von Hegels Logik, Phänomenologie des Geistes, Religions- und Geschichtsphilosophie sowie der Realphilosophie insgesamt für das Kongressthema fruchtbar machen.